Während meiner Techno-Crossfit-Session mit Mickey Huang, unserem temperamentvollen, steroidsüchtigen, einzdreiundfünfziggroßen laotischen Animateuer chinesischer Herkunft, ereignete sich etwas Neues….
Während also ich und meine vierhundertvierunddreißig Trainingskolleginnen und -kollegen, liebevoll von Mickey Huang „Fatties“ genannt, das hatte für uns nichts Diskriminierendes, da wir uns ja in einem Techno-Crossfit-Bootcamp befanden… während wir uns also mit eiserner Disziplin und Hingabe zum Stampfenden Rhythmus von „The Day The Earth Caught Fire“ in die Pedale warfen, da fiel mir etwas auf: Hinter Mickey Huang, der zwischen den Crosstrainern hin und her sprang, wie wild geworden auf die Amaturen schlug, Motivationsslogans keuchte, einen Flipflop machte, dann wieder Teile der Lyrics schief mitsang, und so sich durch die gesamte Halle bewegte, um alle „Fatties“ gleichermaßen zu motivieren, hinter diesem außerordentlichen Menschen, an der Hallenwand, sah ich:
Ans Reisbrett hatte jemand einen Zettel gehängt, ich glaube es ging darum, dass ein Zimmer gesucht wurde, ein 2 ZKB, aber darum geht es jetzt nicht, sondern es geht darum, dass diese Annonce mit einem schwarzen Filzliner geschrieben war und dass der Zettel aus leicht beigem Recyclingpapier war und mit Streifen transparenten Tesabandes festgemacht war (ein Deluxe-Produkt, welches das Abreißen durch einen Sägezahnschnitt an der Seite erleichterte); Anscheinend alles ganz normal, nicht? Aber mir versetzte eine Keinigkeit dermaßen den Schlag, dass ich fast vom Crosstrainer fiel: Das Tesaband bedeckte an einer Stelle den Filzliner, und hätte also einfach wegen der Transparenz des Bandes hindurchscheinen müssen, aber der Klebstoff des Tesabandes vermischte sich offenbar mit der Tinte, und dadurch verschwamm die Schrift. Kennt ihr das? Ich weiß nicht warum, aber irgendwas daran erfasste mich so unmittelbar, dass ich anfing zu heulen. Ich plärrte. Aber niemand merkte es. Denn alle schwitzten so stark, dass man das von Tränen nicht unterscheiden konnte und ich bin mir sicher, dass sicherlich auch einige vor Erschöpfung geweint haben.
Das war das erste mal, da mir das passiert ist. Und seither mache ich immer wieder Beobachtungen, die dieses selbe Gefühl in mir auslösen. Ich werde das an anderer Stelle noch etwas genauer beschreiben müssen, was das für ein Gefühl ist, das ist alles gar nicht so einfach. Andererseits kann ich davon ausgehen, dass der geneigte Leser dieses Gefühl kennt, weil wir ja alle moderne Menschen sind. An diesem Tag im Gym habe ich mich entschieden, alles aufzuschreiben, was dieses Gefühl in mir auslöst. Und dass ich dieses Tagebuch der Verzweiflung „Panoptische Untersuchungen“ nennen werde.
Kommentare von stephan